Bioprodukte sind doppelt bis dreimal so teuer wie konventionell hergestellte Lebensmittel. Aber sind Bio-Lebensmittel wirklich gesünder? Ich habe für euch einen Warenkorb von Lidl mit einem Warenkorb vom Biomarkt verglichen. Der gleiche Warenkorb, für den ich bei Lidl 98 Euro bezahlt habe, kostet bei Alnatura 209,48 Euro. Und das, obwohl ich fast ausschliesslich auf die preiswerte Eigenmarke des Bio-Supermarktes zurück gegriffen habe. Wer im Bioladen primär Marken mit einem Biosiegel kauft, die einen höhen Anspruch an den Anbau haben, gibt sogar noch deutlich mehr aus. Geringverdiener können sich das unmöglich leisten. Ein unfairer Nachteil – oder doch nicht?
Gesunde Ernährung wird oft gleichgesetzt mit dem ausschließlichen Konsum von Bio-Lebensmitteln. Aber ist ein mehr als doppelt so hoher Preis gerechtfertigt im Hinblick auf unsere Gesundheit? Geht überhaupt eine Gesundheitsgefahr von konventionellen Lebensmitteln aus? Dass der ökologische Anbau besser für die Umwelt ist, steht hier außer Frage. Allerdings sind die Erträge der Biolandwirtschaft zu gering, um alle damit zu ernähren. Meine Kernfrage ist darum: Gefährdest du deine Gesundheit, wenn du nur konventionell angebaute Lebensmittel isst?
Darum geht es in diesem Post:
Unterschiede Konventioneller Anbau – Bioanbau
Im Gegensatz zur konventionellen Landwirtschaft wird im Bioanbau auf chemisch-synthetische Düngemittel (wie z.B. Glyphosat) verzichtet, und ausschließlich mit organischen Düngern gearbeitet. Die Bodengesundheit wird durch eine intelligente Fruchtfolge gefördert, Unkräuter werden mechanisch bekämpft. Für die Natur ist das ein Segen. Bio-Produkte sind deutlich weniger mit Pestiziden belastet als konventionelle Lebensmittel. Allerdings sind auch Bio-Produkte nicht komplett pestizidfrei, da immer auch eine Kontamination durch benachbarte Felder statt findet, auf denen Pestizide eingesetzt werden.
Vom Vitamin- und Mineralstoffgehalt unterscheiden sich Bioprodukte laut einer groß angelegten Analyse der wissenschaftlichen Literatur nicht von konventionell angebauten Lebensmitteln. Lediglich der Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen ist deutlich höher. Allerdings kannst du das sehr leicht ausgleichen, indem du einfach mehr von dem konventionell angebauten Obst und Gemüse isst.
Pestizide in konventionellem Obst und Gemüse
Konventionelles Obst und Gemüse ist fast immer mit Pestiziden belastet. Bei der jährlichen Untersuchung des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Stuttgart sind für das Jahr 2017 bei 96 Prozent der Frischobst-Proben aus konventionellem Anbau Rückstände von Pestiziden festgestellt worden. Die gesetzliche festgesetzten Höchstgrenzen überschritten 7 Prozent der Proben. Am Ende des Blogposts findest du einige Links zu den Webseiten der Lebensmittelüberwachung verschiedener Bundesländer.
Pestizide und Krebs
Dass Pestizide bösartige Tumore verursachen können, wissen wir seit Langem. Das trifft aber primär auf Menschen zu, die direkten Umgang damit haben. Dazu zählen Bauern, Feldarbeiter, Piloten von Sprühflugzeugen, Hobby-Gärtner und Leute, die in der Nähe von extensiver Landwirtschaft wohnen. Wenn man in direkten Kontakt kommt mit Pestiziden, egal ob über die Haut, über die Atemluft, oder über das Grundwasser, steigt das Risiko für Krebserkrankungen auf ein Vielfaches.
Wie sieht es aber aus mit den Spuren von Pestiziden, die du über Lebensmittel zu dir nimmst? Es gibt konkrete Vorgaben für Grenzwerte einzelner Pestizide, die nicht überschritten werden sollten. Pestizide sind übrigens nicht nur in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, sondern auch in tierischen, wie Fleisch, Milch, Milchprodukten und Eiern. Tiere nehmen die Pestizide über ihr Futter auf und reichern es in ihrem Körper an, besonders in der Leber und im Fettgewebe. In der Biolandwirtschaft wird weniger belastetes organisch angebautes Futter verwendet.
Die Daten der Lebensmittelüberwachung zeigen, dass es immer wieder Überschreitungen dieser Grenzwerte gibt. Ein kurzer Blick in jede beliebige Ausgabe der Öko-Test bestätigt das. Die entscheidende Frage ist, wie gefährlich sind diese Rückstände? Können sie im Einzelfall tatsächlich Krebs auslösen?
Eine überwiegend pflanzliche Ernährung schützt vor Krebs
Was wir mit Sicherheit sagen können ist, dass Krebs bei Vegetariern seltener vorkommt als bei Fleischessern. Und bei Veganern seltener als bei Vegetariern. Eine überwiegend pflanzliche Ernährung schützt uns also vor Krebs, selbst wenn Spuren von krebsauslösenden Substanzen in der Nahrung enthalten sind. Die Gründe könnten folgende sein:
- Ein hoher Ballaststoffgehalt in der Nahrung sorgt dafür, dass der Nahrungsbrei den Körper relativ schnell wieder verlässt. Somit haben krebsauslösende Substanzen weniger Zeit, Schaden anzurichten. Ich empfehle mindestens 60 g Ballaststoffe am Tag zu essen – die Transitzeit durch den Darm verkürzt sich auf diese Weise auf ca. 24 Stunden.
- Wasserlösliche Ballaststoffe binden Schadstoffe im Darm und sorgen dafür, dass sie nicht resorbiert werden. Diese Ballaststoffe sind genau in den Lebensmitteln enthalten, die häufig pestizidbelastet sind: Obst, Gemüse, und Getreide.
- Übergewicht und Diabetes sind zwei Risikofaktoren für Krebs. Mit einer überwiegend pflanzlichen, fettarmen Ernährung ist es leicht, dein Optimalgewicht zu erreichen und zu halten.
- Die in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten sekundären Pflanzenstoffe (z.B. Antioxidantien) sind in der Lage, durch chemische Schadstoffe entstandene Zellschäden zu reparieren.
- Eine Ernährung, die frei von Fleisch, Milchprodukten und raffiniertem Zucker ist, entzieht Krebszellen ihre Nahrung. Sie entstehen gar nicht erst, bilden sich zurück oder wachsen zumindest nicht weiter.
Es ist wirklich wichtig, dass du nicht aus Angst vor chemischen Rückständen weniger Obst und Gemüse isst, nur weil du dir Bioprodukte nicht leisten kannst. Konventionell angebautes Obst und Gemüse hat vergleichbare Inhaltsstoffe und schützt genauso vor chronischen Erkrankungen wie biologisch angebaute Produkte. Weiter unten findest du ein paar einfache Tipps, wie du deine Pestizidbelastung verringern kannst, ohne viel Geld ausgeben zu müssen.
Vermeidbare Risikofaktoren für Krebs
Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat letztes Jahr eine Studie über vermeidbare Risikofaktoren veröffentlicht. Demzufolge werden 37% aller Krebserkrankungen durch folgende beeinflussbare Risikofaktoren ausgelöst:
- Rauchen (19,3% / 85.072 Fälle)
- ungesunde Ernährung (7,85 / 34.162 Fälle)
- Übergewicht (6,9% / 30.567 Fälle)
- Bewegungsmangel (6,1% / 27.081 Fälle)
- Infektionen (4% / 17.663 Fälle)
- Hoher Alkoholkonsum (2,2% / 9.588)
- Umweltfaktoren wie Radon, Feinstaub, Solarien, Passivrauchen (1.2% / 5.338)
Die Autoren der Studie gehen sogar davon aus, dass die Hälfte aller Krebserkrankungen durch vermeidbare Faktoren hervorgerufen werden. Das sagen die Autoren: “Berücksichtigen wir zusätzlich noch das Potenzial von Früherkennungsmaßnahmen, etwa der Darmspiegelung, so liegt der Anteil vermeidbarer Krebserkrankungen noch weitaus höher, schätzungsweise bei mindestens 50 Prozent”.
Der Word Cancer Research Fund empfiehlt zur Krebsvorbeugung eine Ernährung, die überwiegend aus pflanzlichen Lebensmitteln besteht (Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse). Pestizide werden in den Empfehlungen nicht einmal erwähnt. Die Vorteile einer Ernährung, die aus überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln besteht, überwiegt die Gefahren, die von einer Kontamination mit Pestizidrückständen ausgehen.
Einer amerikanischen Studie zufolge könnten in den USA jedes Jahr 20.000 Krebsfälle vermieden werden, wenn die Hälfte der Amerikaner jeden Tag jeweils eine Portion Obst und Gemüse mehr essen würden. Dafür würden 10 zusätzliche Krebsfälle auftreten durch die Belastung mit Pestiziden. Mehr Obst und Gemüse auf dem Speiseplan würde also 19.990 Krebsfälle vermeiden. Und wir reden hier nur von jeweils einer Portion Obst und Gemüse. Und von konventionell angebautem Obst und Gemüse. Das Risiko an Krebs zu erkranken sinkt also trotz der Pestizidbelastung.
Die beste Möglichkeit für dich, Krebs vorzubeugen, ist somit nicht zu rauchen, nicht zu trinken, sehr viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte zu essen, und dein Optimalgewicht ein Leben lang zu halten. Mit einer überwiegend pflanzlichen, vollwertigen Ernährung ist das leicht zu schaffen.
Möglichkeiten, die Pestizidbelastung zu verringern
Trotzdem macht es natürlich Sinn, die Pestizidbelastung möglichst gering zu halten – einfach um auf der sicheren Seite zu sein. Folgende Tipps sollen dir helfen, weniger chemische Schadstoffe aufzunehmen, ohne viel Geld dafür ausgeben zu müssen.
Bevorzuge wenig belastete Lebensmittel
Die EWG bringt jedes Jahr eine Liste mit besonders stark und besonders wenig belasteten Lebensmitteln heraus. Die Proben werden zwar auf dem amerikanischen Markt genommen, sind aber übertragbar auf den Obst- und Gemüseanbau in Europa. Wenn du von diesen Lebensmitteln weniger isst, oder gerade bei diesen Lebensmitteln auf entweder Bioprodukte oder regional angebaute Ware zurückgreifst, kannst du die Pestizidbelastung stark verringern. Gerade bei Äpfeln und Kartoffeln lohnt es sich, zu Bioware zu greifen, da sie nur unwesentlich mehr kosten.
Dirty Dozen 2019: Besonders stark belastetes Obst & Gemüse
- Erdbeeren
- Spinat
- Grünkohl
- Nektarinen
- Äpfel
- Trauben
- Pfirsiche
- Kirschen
- Birnen
- Tomaten
- Stangensellerie
- Kartoffeln
Folgende Obst- und Gemüsesorten sind besonders wenig mit Pestiziden belastet, auch konventionelle Ware weist kaum Rückstände auf. Wenn du deine Pestizidbelastung reduzieren möchtest, dann greife zu diesen Sorten!
Clean Fifteen 2019: Wenig belastetes Obst & Gemüse
- Avocado
- Mais
- Ananas
- Tiefkühl-Erbsen
- Zwiebeln
- Papaya
- Aubergine
- Spargel
- Kiwi
- Weißkohl
- Blumenkohl
- Cantaloupe-Melone
- Brokkoli
- Pilze
- Honigmelone
Wasche Pestizidrückstände ab
Durch gründliches Waschen unter fließendem Wasser reduzierst du Pestizidrückstände auf der Schale von Lebensmitteln. Noch effektiver ist eine 10%ige Salzlösung (1 Teil Salz, 9 Teile Wasser), in der du Obst oder Gemüse für einige Minuten legst und dann gründlich abwäschst. Auch durch das Anbraten von Gemüse kannst du den Pestizidgehalt reduzieren, zumindest wurde dieser Effekt bei Kohl festgestellt.
Fazit: Sind Bio-Lebensmittel wirklich gesünder?
- Bio-Lebensmittel unterscheiden sich in ihrem Vitamin- und Mineralstoffgehalt nicht von konventionell angebauten Produkten, der Anteil sekundärer Pflanzenstoffe ist allerdings höher
- Pestizide können bei direktem Kontakt Krebs auslösen, gefährdet sind vor allem Bauern und Hobby-Gärtner
- das Risiko, durch Pestizidrückstände in Lebensmitteln an Krebs zu erkranken, ist minimal
- die Vorteile einer Ernährung mit viel Obst und Gemüse überwiegt die Nachteile von anhaftenden Pestizidrückständen
- die größten Risikofaktoren für Krebs sind Tabak, eine ungesunde Ernährung, Übergewicht, Bewegungsmangel und Alkohol
- eine überwiegend pflanzliche Ernährung, der Verzicht auf Alkohol und Tabak und ein gesunde Gewicht schützen vor Krebs
- Pestizidrückstände auf Obst und Gemüse können durch gründliches Waschen unter fließendem Wasser oder mit einer 10%igen Salzlösung reduziert werden
- es lohnt sich trotzdem, Bioprodukte zu kaufen, wenn das Budget vorhanden ist (insbesondere bei den Dirty Dozen)
- du solltest niemals aus Angst vor chemischen Rückständen weniger Obst und Gemüse essen
Videos zu dem Thema
Bio für alle? NDR WissensCheck
Are the benefits of organic food are underrated or overrated, nutritionfacts.org
Are organic food healthier? nutritionsfacts.org
Are organic foods more nutritious? nutritionfacts.org
Are organic food safer? nutritionfacts.org
Links zu den Lebensmittelüberwachungen verschiedener Bundesländer
Baden-Württemberg
Bayern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Sachsen
Wie geht es dir mit diesem Thema? Hast du Angst vor Pestiziden? Isst du deswegen vielleicht sogar weniger Obst und Gemüse? Oder kaufst du nur Bio? Hinterlasst mir gern einen Kommentar!