Der sanfte Weg zum Wohlfühlgewicht
Du hast schon viele Diäten ausprobiert, aber nie dauerhaft abgenommen? Ich habe dir ja bereits erklärt, warum Diäten nicht funktionieren. Das heißt aber nicht, dass es nicht möglich ist, Gewicht zu verlieren und dein Wohlfühlgewicht zu erreichen – selbst dann, wenn alle Diäten bei dir versagt haben. Zunehmen und Abnehmen sind rein physiologische Prozesse, die über Hormone gesteuert werden. Auch Hunger und Sättigung sind physiologische Prozesse, die über verschiedene Botenstoffe und Rezeptoren gesteuert werden. Um zu verstehen, wie du abnehmen kannst, musst du erst einmal verstehen, warum und wie du zugenommen hast.
Darum geht es in diesem Post:
ÜBERGEWICHT ENTSTEHT MEIST LANGSAM UND IN SCHÜBEN
Unser Körpergewicht bleibt über weite Phasen unseres Erwachsenenlebens stabil, und zwar ohne dass wir uns darüber Gedanken machen oder Kalorien zählen müssen. Dein Körper ist in der Lage, über chemische Rezeptoren den Nährstoffgehalt deiner Mahlzeiten zu analysieren und mit deinem tatsächlichen Bedarf abzugleichen. Hast du genügend Nährstoffe aufgenommen, sendet dein Magen Sättigungssignale an dein Gehirn und du hörst auf zu essen. So ist es normalerweise.
Dann gibt es aber immer wieder Phasen in deinem Leben, wo du vielleicht psychischen Stress hast, den du mit Essen kompensierst. Oder du isst während der Feiertage (Weihnachten, Ostern, etc.) mehr als du normalerweise essen würdest. So kommen immer mal wieder ein paar Pfunde dazu. Manchen Menschen gelingt es, die angefutterten Pfunde mühelos wieder loszuwerden. Sie essen einfach automatisch und unbeabsichtigt weniger. Das ist aber leider nur bei der Minderheit der Fall.
Bei den meisten bleiben die Pfunde hängen. Wenn du mehr wiegst, verbrauchst du logischerweise auch mehr Energie. Dein Gehirn sendet dir jetzt Signale, mehr zu essen, damit sich deine Energiezufuhr wieder mit deinem Energiebedarf deckt. So behältst du die zusätzlichen Röllchen und beim nächsten Weihnachtsfest oder der nächsten Trennung kommen wieder Pfunde dazu. So sammeln sich über die Jahre viele unerwünschte Kilos an.
WAS KANNST DU TUN, UM DIESE PFUNDE WIEDER LOSZUWERDEN?
Die meisten Diäten scheitern daran, dass das Diätkonzept nicht zu deinen Ernährungsgewohnheiten passt oder die Lebensmittelauswahl nicht deinen Vorlieben entspricht. Häufig sind die erlaubten Portionen winzig. Dein Durchhaltewillen ist in solchen Fällen meist nicht groß genug, um langfristig an so einer Diät festzuhalten. In fast 99% der Fälle ist das bei einer Diät erzeugte Kaloriendefizit zu groß und dein Körper geht in den Sparmodus. Wenn du dann wieder normal isst, nimmst du sofort zu – häufig wiegst du am Ende mehr als vor der Diät. Wenn du meinen Blogpost Warum Diäten nicht funktionieren noch nicht gelesen hast, dann mach das am besten gleich, dann verstehst du besser, wie der Jo-Jo-Effekt funktioniert.
Die Methode, die ich dir hier vorschlage, ist viel einfacher. Es geht im Prinzip darum ein moderates Energiedefizit zu erzeugen. Jedes Kaloriendefizit führt zu einer Gewichtsabnahme, egal wie klein es ist.
SCHRITT 1: SETZE EIN REALISTISCHES ZIEL
Zuerst einmal musst du dir ein realistisches Ziel setzen. Zum Beispiel könntest du überlegen, welches Gewicht du in deinem Erwachsenenleben problemlos über einen größeren Zeitraum halten konntest. Das ist dein Wohlfühlgewicht. Möglicherweise weicht das von deinem Wunschgewicht ab. Aber es macht keinen Sinn, einem völlig unrealistischen Ziel nachzurennen. Dein Körper hat meist eine sehr konkrete Vorstellung davon, welches Gewicht für ihn in Ordnung ist.
Du kannst dich auch am Normalgewicht orientieren. Du kannst es ausrechnen, indem du von deiner Körpergröße in Zentimeter 100 abziehst – bei einer Größe von 165 cm wäre das Normalgewicht zum Beispiel 65 kg. Für dein Idealgewicht könntest du noch einmal 5% abziehen – aber wie gesagt, setze dir ein realistisches Ziel. Dein Ziel sollte ein Gewicht sein, mit dem du dich unabhängig von gängigen Schönheitsidealen wohlfühlst – dein persönliches Wohlfühlgewicht.
SCHRITT 2: ERZEUGE EIN KALORIENDEFIZIT
Du kannst dein Wohlfühlgewicht nur erreichen, wenn du ein Kaloriendefizit erzeugst. Dieses Defizit sollte aber nicht zu hoch sein, damit dein Körper nicht in den Sparmodus geht. 1600 bis 1700 kcal am Tag sind ein guter Richtwert – diese Menge an Kalorien ist ausreichend um dich mit allen Nährstoffen zu versorgen und wird von deinem Körper nicht als Bedrohung wahrgenommen. Trotzdem ist das erzeugte Kaloriendefizit ausreichend, um dich langsam, aber sicher deinem Wohlfühlgewicht anzunähern – im Schnitt zwei Kilo pro Monat. Gleichzeitig wirst du deine Ernährungsgewohnheiten langfristig umstellen, ohne das Gefühl zu haben auf einer Diät zu sein.
LANGSAMES ABNEHMEN IST DER SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG
Mit dieser Methode wirst du zwar keine schnellen Resultate erzielen, aber du wirst nachhaltig abnehmen. Du wirst immer noch genug Kalorien essen, um nicht das Gefühl zu haben, zu hungern. Im Grunde genommen musst du überhaupt nicht hungern. Es geht lediglich erst einmal um kleine Anpassungen deiner Essgewohnheiten – zum Beispiel einen Apfel zu essen statt einen Schokoriegel. Oder den Salat mit einem ölfreien Dressing zuzubereiten. Statt Brötchen mit Erdnussbutter ein Müsli zum Frühstück. Statt weißer Nudeln mit Bolognese Vollkorn-Nudeln mit vegetarischer Bolognese.
Ich empfehle dir, deine Ernährung Stück für Stück auf eine überwiegend pflanzliche Ernährung umzustellen. Wenn du dir nicht vorstellen kannst, ganz auf Fleisch, Fisch, und Milchprodukte zu verzichten, dann schränke diese Lebensmittel auf ein absolutes Minimum ein. Pflanzliche Lebensmittel enthalten sättigende Ballaststoffe, und wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe, die dich beim Abnehmen unterstützen und dafür sorgen, dass du gesund alt wirst. Vor allem Obst, Gemüse, Kartoffeln und Hülsenfrüchte haben eine niedrige Energiedichte und sorgen dafür, dass dein Magen gut gefüllt und du lange satt bist bist. Unter der Rubrik Rezepte findest du viele Ideen.
Das Besondere an diesem Konzept ist, dass du nur ein paar hundert Kalorien einsparen musst. Dein Körper kommt nicht in den Spar-Modus und du wirst keinen Jo-Jo-Effekt erleben. Es handelt sich hier nicht um eine Diät, sondern um eine langfristige (idealerweise lebenslange) Ernährungsumstellung.
MUSST DU KALORIEN ZÄHLEN?
Wenn du jeden Tag ungefähr das Gleiche isst, musst du keine Kalorien zählen. Aber es macht Sinn, dass du mal ein paar Tage lang ein Ernährungstagebuch führst, um überhaupt ein Gefühl dafür zu bekommen, wieviele Kalorien du derzeit zu dir nimmst, und wo du am ehesten etwas einsparen kannst. Am besten benutzt du dafür eine App, wie zum Beispiel den CaloryGuard.
Wenn du es gewohnt bist, zum Beispiel zum Frühstück immer zwei Brötchen mit Käse und einen Joghurt zu essen, dann rechne dir einmal aus, wieviele Kalorien diese Mahlzeit hat. Versuche sie dann zu optimieren. Ein guter Richtwert für eine Hauptmahlzeit sind 500 kcal.
Deine Hauptmahlzeiten sollten
- ballaststoffreich (10 bis 15 g Ballaststoffe)
- eiweißreich (15 bis 20 g Eiweiß) und
- fettarm (maximal 10 bis 15 g Fett) sein
- ungefähr 500 kcal enthalten und
- mindestens 500 g wiegen um den Magen gut zu füllen.
Wenn du dreimal am Tag ca. 500 kcal isst und zwischendurch Obst und Gemüse snackst, bist du auf der sicheren Seite und du wirst automatisch abnehmen ohne zu hungern.
IST FDH EINE GUTE MÖGLICHKEIT UM ABZUNEHMEN?
Viele versuchen ihr Wohlfühlgewicht zu erreichen, in dem sie einfach weniger essen. FDH – Friss die Hälfte – das mag beim Abnehmen helfen. Aber ist es auch ein langfristiger Ansatz? Wir sind daran gewöhnt, immer ungefähr die gleiche Menge an Lebensmitteln zu essen. Wir sind satt, wenn unser Magen den Füllzustand erreicht hat, den er gewöhnt ist. Die Portionsgröße zu halbieren, ist also keine gute Idee, weil du immer noch hungrig sein wirst.
Was viel sinnvoller ist als FDH, ist die Kaloriendichte deiner Mahlzeiten zu senken bei gleichbleibender Lebensmittelmenge. Das bedeutet, dass du zum Beispiel das Gleiche ist wie sonst, aber das Fett reduzierst. Oder du ersetzt fettreiche Lebensmittel durch Obst oder Gemüse. Mach dir den Spaß und wiege einmal eine typische Mahlzeit. Wenn du abnimmst, achte darauf, dass deine Portionen gleich groß bleiben – nur sollten sie weniger Energie haben als zuvor. Damit wirst du automatisch abnehmen, ohne zu hungern.
Was du zusätzlich tun kannst, um den Abnehmprozess zu unterstützen:
- tausche Weißmehlprodukte gegen Vollkornprodukte aus
- setze Hülsenfrüchte auf deinen Speiseplan, am besten täglich
- esse sehr viel Gemüse und Obst
- achte darauf, ausreichend Eiweiß zu essen
- koche und brate ohne Fett
- verwende ölfreie Salatdressings
- achte grundsätzlich auf den Fettgehalt deiner Lebensmittel
- ersetzte Zucker durch Erythrit (Xucker light)
- nimm alle deine Mahlzeiten innerhalb eines 9-Stunden-Fensters ein
- ernähre dich überwiegend pflanzlich
- verbanne Lebensmittel aus deinem Haushalt, an denen du dich regelmäßig „überfrisst“
- bewege dich mehr (spazieren gehen, Fahrrad fahren, schwimmen)
Im Folgenden möchte ich dir zwei Fallbeispiele vorstellen.
FALLBEISPIEL 1: LISA
Lisa ist 50 Jahre alt, 1,65 m groß, arbeitet im Büro und wiegt seit mehreren Jahren immer um die 80 kg. Lisa bewegt sich in ihrer Freizeit nicht übermäßig viel und ihr Körperfettanteil beträgt 30%. Ihr Kalorienbedarf liegt bei 1900 kcal im Tag, das deckt sich mit ihrer Kalorienzufuhr. Sie hat schon mehrfach erfolglos versucht abzunehmen.
Ein realistisches Ziel für Lisa wäre es, 10 kg abzunehmen. Statt drastischer Diäten geht Lisa aber diesmal einen anderen Weg. Wenn Lisa 70 kg wiegen würde, dann würde sie nur 1700 kcal verbrauchen. Das sind genau 200 kcal weniger, als sie derzeit isst. Wenn Lisa ab sofort nur 1700 kcal am Tag isst, dann nähert sie sich ganz langsam ihrem Zielgewicht an. Bei 70 kg würde die Gewichtsabnahme stoppen, da sich die Kalorienzufuhr mit ihrem Verbrauch, bzw. ihrem neuen Körpergewicht deckt.
Lisa führt eine Woche lang ein Ernährungstagebuch und versucht herauszufinden, wo sie 200 kcal am Tag sparen kann. Sie beschließt, ab sofort auf das Ölivenöl in ihrem Salat zu verzichten und fettfrei zu braten (-100 kcal am Tag). Statt des Schokoriegels am Nachmittag isst sie eine Banane (-100 kcal). Außerdem nimmt sie sich immer eine Tupperdose mit Gemüsesticks mit auf die Arbeit, für den kleinen Hunger zwischendurch. Weißmehlprodukte ersetzt sie durch Vollkornprodukte, dadurch fühlt sie sich sofort satter. Um sich mehr zu bewegen, steigt Lisa auf dem Weg zur Arbeit immer zwei Stationen früher aus dem Bus und läut das letzte Stück.
Diese Änderungen ihrer Ernährungsgewohnheiten sind nicht sehr drastisch. Lisa hat nicht das Gefühl, auf irgendetwas verzichten zu müssen, oder auf einer Diät zu sein. Nach einem Dreiviertel Jahr hat Lisa ihr Zielgewicht erreicht und kann es mühelos halten, da sie ihre Ernährungsgewohnheiten langfristig umgestellt hat.
FALLBEISPIEL 2: KATHARINA
Katharina ist Mitte 40 und Mutter von drei Kindern. Sie arbeitet in Teilzeit als Krankenschwester und kümmert sich nebenbei um die Kinder und den Haushalt. Dreimal in der Woche geht sie zum Sport. Katharina ist 1,69 m groß und wiegt seit der Geburt der Kinder relativ konstant 76 kg. Ihr Körperfettanteil liegt bei 25%. Sie möchte gern wieder 65 kg wiegen, wie vor der Geburt ihres ersten Kindes. Sie isst täglich ca. 2200 kcal, das deckt sich mit ihrem Bedarf.
Würde Katharina 65 kg wiegen, würde sie 1950 kcal verbrauchen. Um 11 kg abzunehmen, muss sie also täglich 250 kcal einsparen. Sie isst morgens immer zwei Mehrkornbrötchen mit Käse und 250 g Fruchtjoghurt. Die tauscht sie aus gegen eine Schüssel Vollkornmüsli mit Beeren und 150 g Sojajoghurt (-150 kcal). Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause holt sie sich meistens eine Laugenbrezel. Die lässt sie ab sofort weg und isst stattdessen einen Früchteriegel (-100 kcal). Abends isst sie jetzt immer einen großen Salat mit einer Portion Hülsenfrüchten (Bohnen, Linsen oder Kichererbsen) und zwei Scheiben Vollkornbrot. Außerdem nimmt sich jeden Tag zwei Äpfel mit auf die Arbeit.
Die Ernährungsumstellung ist auch Katharina nicht sehr schwer gefallen, und nach einem halben Jahr hat sie ihr Zielgewicht erreicht.
FAZIT: DEIN WEG ZUM WOHLFÜHLGEWICHT
- Übergewicht kommt nicht über Nacht, sondern entsteht meist langsam und in Schüben
- dein Körper passt deine Kalorienzufuhr deinem neuen Gewicht an
- um abzunehmen, musst du ein (moderates) Kaloriendefizit erzeugen
- setze dir ein realistisches Ziel – dein Wohlfühlgewicht kann von deinem Wunschgewicht abweichen
- ein Ernährungstagebuch kann dir helfen, eine Überblick über deine Kalorienzufuhr zu gewinnen und Sparpotentiale ausfindig zu machen
- mit einer überwiegend pflanzlichen, fettarmen und ballaststoffreichen Ernährung kannst du mühelos abnehmen, ohne zu hungern
- Bewegung und intermittierendes Fasten unterstützen dich beim Abnehmen
Hast Du Fragen zu diesem Thema? Welche Erfahrungen hast du mit Diäten gemacht? Hinterlasse mir gern einen Kommentar!
Liebe Katja,
Hast du Studien dazu, dass intermitierendes Fasten den Fettabau begünstigt?
Auf der Seite der DGE steht, dass es zum Thema Fettabau durch Fasten keine aussagekräftigen Studien gibt bzw dies auch wohl auf ein Kaloriendefizit zurückzuführen ist, wenn ich das richtig verstanden habe.
Vielen Dank für deinen Blog!
Liebe Grüße
Amanda Schmidt