Erfolgreich abnehmen – ist das überhaupt möglich? Kalorienreduzierte Diäten bewirken in der Regel nur einen kurzfristigen Abnehmerfolg. Die meisten Menschen nehmen das durch eine Diät verlorene Gewicht dank des Jo-Jo-Effektes innerhalb weniger Monate oder Jahre wieder zu. Nicht einmal ein Drittel aller Abnehmwilliger schafft es, mindestens 5% des Ausgangsgewichts dauerhaft zu reduzieren. Das ist erschreckend wenig!
Doch es gibt eine Lösung des Problems: mit einer Whole food Plant-based Diet können Übergewichtige, die aus gesundheitlichen abnehmen wollen oder müssen, dauerhaft Gewicht verlieren. Und zwar komplett ohne Kalorienbeschränkung. Diesen Rückschluss lassen zumindest die Ergebnisse der BROAD Studie zu. Die randomisierte Studie wurde von August 2014 bis Februar 2015 in Neuseeland durchgeführt.
Die Teilnehmer, die alle übergewichtig waren und zusätzlich an mindestens einer Begleiterkrankung litten, wurden für drei Monate auf eine nicht kalorienbeschränkte Whole Food plant-based Diet gesetzt und anschließend mit einer Kontrollgruppe verglichen. Das Ziel war es herauszufinden, welchen Effekt diese Form der Ernährung auf das Körpergewicht und verschiedene Laborparameter hat (wie zum Beispiel Blutzucker und Blutfette).
Als Background: in Neuseeland gelten 35% der Erwachsenen als übergewichtig mit einem BMI zwischen 25 und 30, und 31% als adipös, also krankhaft übergewichtig mit einem BMI von über 30. Der BMI allein gibt zwar noch keinen Rückschluss auf den Gesundheitszustand, aber das Risiko für Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt mit dem Körpergewicht.
Die Teilnehmer der BROAD Studie waren 35 bis 70 alt, und litten zusätzlich zu ihrem Übergewicht an mindestens einer der folgenden Begleiterkrankungen: Diabetes, Bluthochdruck, erhöhter Cholesterinspiegel, und koronarer Herzkrankheit (die mit einer Verkalkung der Herzkranzgefäße einhergeht). In die Studie wurden 65 Probanden aufgenommen; 32 davon gehörten der Kontrollgruppe an, 33 der Interventionsgruppe. 49 Teilnehmer blieben mindestens ein halbes Jahr in der Studie, 23 wurden sogar ein Jahr lang begleitet.
Das erstaunliche an der Studie war, dass die Teilnehmer der Interventionsgruppe auch nach Ende der 3-monatigen Interventionsphase ihre neuen Ernährungsgewohnheiten beibehielten und weiter abnahmen, ohne dass sie dazu aufgefordert wurden. Selbst nach einem Jahr hielten sie sich immer noch an die Empfehlungen, und hatten weiter abgenommen. Die Compliance ist bei klassischen Diäten relativ niedrig und die Rückfallquoten sind relativ hoch, nicht jedoch bei den Teilnehmern dieser Studie.
Darum geht es in diesem Post:
Das Studiendesign der BROAD-Studie
Die Teilnehmer der Interventionsgruppe traf sich während der 3-monatigen Studie zweimal pro Woche zu Kochkursen, und wurden darin unterwiesen, sich nach den Prinzipien der Whole Food Plant-based Diet zu ernähren. Als Guideline erhielten sie eine Liste mit „erlaubten“ Lebensmitteln. Zusätzlich erhielten sie Vitamin B12. Es gab keine Kalorienbeschränkung, die Teilnehmer durften soviel essen wie sie wollten, solange es sich dabei um „erlaubte“ Lebensmittel handelte. Die Teilnehmer wurden sogar angewiesen, die Kalorien NICHT zu zählen, sondern immer soviel zu essen, bis sie satt sind. Der Anteil von Fett an der Gesamtkalorienmenge lag bei 7-15 %.
Da sich die Blutwerte in der Interventionsgruppe so stark verbesserten, wurde der Kontrollgruppe nach 6 Monaten angeboten, in die Interventionsgruppe zu wechseln.
Die Liste der erlaubten Lebensmittel sah wie folgt aus:
- Dunkelgrüne Lebensmittel (unbegrenzt erlaubt):
Spinat, Mangold, Grünkohl, Bok Choy, Brokkoli, Rote Beete-Grün, Brunnenkresse, Kräuter und Gewürze
- Grüne Lebensmittel (täglich essen):
Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Süßkartoffeln, ölfreie Soßen und Würzmittel
- Orange Lebensmittel (sparsam verwenden, wenn überhaupt):
Salz, Zucker und andere Süßungsmittel, weißes Mehl, Tempeh und Tofu (aufgrund des hohen Fettgehalts), ölfreie Pflanzenmilch, Kaffee, Alkohol
- Rote Lebensmittel (nicht verwenden):
Geflügel, Fisch, Fleisch, Eier, Milchprodukte, Öl
- Aufgrund des hohen Fettgehalts stark limitieren:
Nüsse und Samen, Tahin, Avocado, Kokosnuss, Kokosmilch
- Bis zu 2 EL Leinsamen oder Chia-Samen pro Tag waren erlaubt, wenn gewünscht.
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Studie sind sehr eindrucksvoll, die Teilnehmer der Interventionsgruppe haben alle erfolgreich abgenommen ohne dabei hungern zu müssen. Das gibt vielen übergewichtigen Patienten Hoffnung, denen es bisher nicht gelungen ist, mit gängigen Diäten wie FdH oder Low Carb langfristig abzunehmen.
Gewicht
Nach 3 Monaten hatten die Teilnehmer der Interventionsgruppe im Schnitt 8,1 kg abgenommen und ihren BMI um 3 Punkte gesenkt. Nach 6 Monaten hatten sie im Schnitt 12 kg abgenommen und den BMI um 4,4 Punkte gesenkt. Bei der Untersuchung nach einem Jahr war das Gewicht immer noch 12,2 kg unter dem Ausgangsgewicht – das heißt, sie hatten sogar noch weiter erfolgreich abgenommen.
Die Kontrollgruppe, die nach den Standard-Richtlinien medizinisch versorgt wurde, hatte nach 3 Monaten lediglich 1,3 kg abgenommen und den BMI um 0.7 Punkte gesenkt. Nach 6 Monate hatten sie insgesamt durchschnittlich 2,8 kg abgenommen und den BMI um einen Punkt gesenkt.
Cholesterinwerte
Nach 3 Monaten sank der Cholesterinspiegel in der Interventionsgruppe um durchschnittlich 0,95 mmol/l, nach 6 Monaten pegelte sich der Wert bei Minus 0,71 mmol/l ein. Nach 12 Monaten lagen die Werte immer noch um 0,55 mmol/l unter dem Ausgangswert. In der Kontrollgruppe reduzierten sich die Werte um 0,28 mmol/l nach 3 Monaten und 0,26 mmol/l nach 6 Monaten.
HbA1c
Der HbA1c sank in der Interventionsgruppe von durchschnittlich 6% auf 5,7% nach 6 Monaten. Zwei Diabetiker verbesserten ihre Werte so sehr, dass sie keinen Diabetes mehr waren. In der Kontrollgruppe gab es keine Verbesserungen, der HbA1c stieg sogar von durchschnittlich 5,5% auf 5,7%.
Medikamentengabe
In der Kontrollgruppe erhöhte sich die Medikamenteinnahme um 8%, in der Interventionsgruppe sank sie um 29%.
Lebensqualität
In der Interventionsgruppe stieg die Lebensqualität sowohl körperlichen als auch mental. Die Teilnehmer berichteten über ein höheres Selbstwertgefühl, und die Selbstwirksamkeit stieg, insbesondere die Selbstwirksamkeit bezogen auf die Ernährung. In der Kontrollgruppe war lediglich ein Anstieg in der physischen Lebensqualität zu verzeichnen.
Nebenwirkungen
Es wurden keinerlei Nebenwirkungen berichtet.
Diskussion
Es gibt keine randomisierte Abnehm-Studie, die jemals ohne Sportprogramm und ohne Kalorienbeschränkung ein so gutes Ergebnis erzielt hat. Die Teilnehmer wurden explizit angewiesen, soviel zu essen, bis sie satt sind. Die Autoren der Studie erklären sich den Erfolg damit, dass die Energiedichte der verzehrten Lebensmittel aufgrund des hohen Wasser- und Ballaststoffgehalts sehr niedrig war.
Für viele Teilnehmer war gerade das nicht hungrig sein der Schlüssel zum Erfolg. Zu Beginn der Studie hielten sich die Teilnehmer sehr genau an die Liste der erlaubten Lebensmittel, gegen Ende der Studie nahm die Compliance etwas ab. Wer sich am Ende der 3 Monate noch am striktesten an die Ernährungsempfehlungen hielt, hatte nach 12 Monaten den größten Gewichtsverlust.
Alle Teilnehmer der Interventionsgruppe verbesserten ihre Cholesterinwerte zu allen Meßzeitpunkten, in der Kontrollgruppe war nur am Ende der 3 Monate eine Verbesserung zu sehen. Die HbA1c-Werte verbesserten sich in der Interventionsgruppe, die Diabetiker verbesserten alle ihre Werte, zwei waren am Ende sogar nicht mehr Diabetiker.
Die Interventionsgruppe berichtete auch über mehr Lebensqualität, ein höheres Selbstwertgefühl, ohne dabei Einschränkungen im Hinblick auf den Genuss hinnehmen zu müssen. Sie trieben auch nicht mehr Sport und sie gaben nicht mehr Geld aus. Sie konnten auf einen großen Teil ihrer Medikamente verzichten, was unglaublich ist, wenn man bedenkt, wie viele Nebenwirkungen gerade Medikamente zur Senkung der Cholesterinwerte oder des Blutzuckers haben.
Der Erfolg der Interventionsgruppe wurde auch den regelmäßigen Informationsabenden zugeschrieben. Ein Mangel an Wissen über gesunde Ernährung und gesunde Zubereitungsmethoden ist eine große Hürde für viele Menschen, um mit einer Ernährungsumstellung zu beginnen. Faktoren, die den Erfolg zusätzlich unterstützten, waren eine zweiwöchige Vorbereitungszeit, individualisiertes Feedback und ein rascher Gewichtsverlust zu Beginn der Studie.
Im Gegensatz zu klassischen Abnehmdiäten, die auf eine Energiereduzierung setzen, hat die Whole Food Plant-based Diet eine sehr geringe Rückfallquote. Bei klassischen Diätprogrammen haben die Teilnehmer nach ein bis zwei Jahren in der Regel mindestens 50% des verlorenen Gewichts zurückgewonnen. Je länger die Diät zurück liegt, desto mehr nähert sich das Gewicht wieder dem Ausgangsgewicht an.
Magenverkleinerungen oder Magenbeipässe zeigen zwar sehr gute Ergebnisse beim Gewichtsverlust, allerdings ist die Hospitalisierungsrate vier bis fünf mal so hoch wie in Vergleichsgruppen. Der Switch zu einer pflanzlichen, vollwertigen und fettarmen Ernährung kann und sollte eine Alternative zu operativen Eingriffen sein.
Zwar lässt sich auch mit Low-Carb-Diäten ein guter Gewichtsverlust erzielen, allerdings zeigen Studien zu diesen Diäten ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko, eine verminderte periphere Durchblutung, eine Verschlechterung koronarer Herzkrankheiten, ein erhöhtes Risiko für Verstopfung, Kopfschmerzen, Mundgeruch Muskelkrämpfe, Schwächegefühl und Hautausschläge.
Kalorienreduzierte Diäten, die den Teilnehmern nur 1500 kcal am Tag erlaubten, führen ebenfalls zu einer guten Gewichtsabnahme. Allerdings leiden die Teilnehmer unter Hunger, und hungrig sein führt statistisch gesehen zu einer schnellen Gewichtszunahme nach einer Diät.
Das Besondere an der Teilnehmergruppe der BROAD-Studie war, dass nicht nur junge Menschen teilgenommen haben, sondern auch viele Ältere. Erfolgreich abnehmen ist also in jedem Alter möglich mit einer Umstellung auf eine fettarme, vollwertige, pflanzliche Ernährung.
BROAD praktisch umgesetzt
Wie lassen sich die Ergebnisse der BROAD Studie für den Alltag umsetzen? Die Publikation sagt nichts darüber aus, was die Teilnehmer tagtäglich gegessen haben – außer, dass sie sich an die Liste der erlaubten Lebensmittel halten sollten und dass der Anteil von Fett an den Gesamtkalorien maximal 15% ausgemacht hat.
15% von 100 Kalorien sind 15 Kalorien, das entspricht 1,6 g Fett; denn 1 g Fett enthält 9 Kalorien. Die Teilnehmer der Studie haben also auf 1000 kcal nur 16 g Fett gegessen. Da ihre Gesamtkalorienaufnahme nicht begrenzt wurde, haben sie selbst wenn sie 3000 kcal pro Tag gegessen haben, nicht mehr als 50 g Fett aufgenommen.
Der Speiseplan der Studienteilnehmer bestand überwiegend aus komplexen Kohlenhydraten. Da Kohlenhydrate im Gegensatz zu Fett nicht zu einer Gewichtszunahme führen, ist es nicht verwunderlich, dass die Ergebnisse so gut sind.
Trotzdem mag es im Alltag schwierig sein, das Fett soweit zu reduzieren. Hier ein paar Tipps, wie sich eine fettarme, vollwertige und pflanzliche Ernährung im Alltag umsetzen lässt:
- die Hälfte des Tellers mit Obst oder Gemüse füllen (mindestens 300 g / Mahlzeit)
- kein Öl, keine Margarine, Butter, und Sahne / Pflanzensahne verwenden, auch nicht zum Braten oder Backen
- auf Nüsse, Samen, und Nussmuse weitestgehend verzichten (max. 2 EL Leinsamen oder Chiasamen pro Tag)
- Festen Tofu durch Seidentofu ersetzen
- Sojaschnetzel, Sojagranulat und Seitan als Fleischersatz verwenden
- Hülsenfrüchte als Haupteiweißquelle nutzen
- ausschließlich Vollkornprodukte verwenden
- reichlich Kartoffel, Süßkartoffeln und Kürbis essen
Es gibt eine ganze Reihe von tollen Kochbüchern mit Rezepten, die den Kriterien der Whole Food Plant-based diet entsprechen. Empfehlen kann ich zum Beispiel die Bücher von John McDougall, Rip Esselstyn, oder Chef Del Sroufe.
Erfolgreich abnehmen – Fazit
Dass Diäten bei den meisten Menschen nicht wirken, ist mehrfach in der Fachliteratur nachgewiesen worden. Die Rückfallrate nach einer Diät liegt bei über 70% – weniger als ein Drittel der Menschen, die eine Diät machen, schaffen es langfristig 5% ihres Gewichts zu verlieren. Unser Körper verfügt über sehr starke Regulationsmechanismen, die dafür sorgen, dass nach einer längeren Nahrungsmittelknappheit die Vorräte wieder aufgefüllt werden.
Erfolgreich abnehmen ist aber trotzdem möglich mit einer Umstellung auf eine pflanzliche, vollwertige, und fettarme Ernährung ohne Kalorienbeschränkung. Nur wer sich satt isst und seinen Körper ausreichend mit Energie versorgt, kann verhindern, dass sein Körper in den Sparmodus geht und das Gewicht nach Beendigung der Diät wieder nach oben geht.
Pflanzliche Lebensmittel haben eine sehr niedrige Energiedichte und einen hohen Wassergehalt, dadurch sättigen sie langanhaltend. Wer sich zusätzlich fettarm ernährt, senkt seinen Insulinspiegel, wodurch es überhaupt erst möglich wird, Fett abzubauen.
Eine Whole Food Plant-based Diet unterstützt eine Gewichtsabnahme, verbessert die Blutzucker- und Blutfettwerte, erhöht die Lebensqualität, und ist komplett nebenwirkungsfrei. Im Gegensatz zu allen gängigen Diäten ist die Gewichtsabnahme langfristig, und es ist nicht schwer die Ernährungsumstellung mit der entsprechenden Unterstützung und Anleitung umzusetzen und sich dauerhaft daran zu halten.
Quellen
The BROAD study: A randomised controlled trial using a whole food plant-based diet in the community for obesity, ischaemic heart disease or diabetes. N Wright, L Wilson, M Smith, B Duncan & P McHugh Nutrition & Diabetes volume 7, e256(2017)
Prevalence of Self-reported Symptoms After Gastric Bypass Surgery for Obesity. Gribsholt SB1, Pedersen AM2, Svensson E3, Thomsen RW3, Richelsen B2. JAMA Surg. 2016 Jun 1;151(6):504-11
Comparison of Weight Loss Among Named Diet Programs in Overweight and Obese AdultsA Meta-analysis. Bradley C. Johnston, PhD1,2,3,4; Steve Kanters, MSc5,6,7; Kristofer Bandayrel, MPH1,4; et al. JAMA. 2014 Sep 3;312(9):923-33.