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Mehr als eine Nummer

Die dunkle Seite der Lebensmittelindustrie

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Bei einer Recherche zum Thema Fleischkonsum in Deutschland bin ich über eine Zahl gestoßen, die mich zutiefst betroffen gemacht hat. Laut statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2017 knapp 745 Millionen Tiere geschlachtet. 745 Millionen. Diese Zahl ist so unvorstellbar groß, dass ich es erst nicht glauben konnte. Das sind 9 Mal mehr Tiere als wir Einwohner in unserem Land haben. Im Jahr 2018 stieg die Zahl sogar noch.

Hinter jeder Zahl steht ein Einzelschicksal. Ein Kalb, ein Ferkel oder ein Küken ist mehr als eine Nummer. Die Frage ist, ob wir Tieren (und ich meine auch die sogenannten „Nutztiere“) zugestehen, dass sie fühlende Wesen sind, dass sie Leid und Schmerz und Trauer empfinden. Ob wir ihnen zugestehen, dass Familie und Freunde wichtig sind für sie, und dass sie am Leben hängen, auch wenn sie nur geboren wurden um von uns gegessen zu werden.

Wenn es um unsere Haustiere geht, da tun wir alles. Keiner möchte, dass seine Katze oder sein Hund leidet. Dabei ist die Unterscheidung zwischen Haustier und sogenanntem „Nutztier“ rein willkürlich. Ein Schwein ist intelligenter als ein Hund, und ein Huhn oder eine Pute ist genauso anhänglich wie ein Wellensittich oder ein Kanarienvogel.

Die überwiegende Teil der geschlachteten Tiere sind Jungtiere, also wehr- und schutzlose Tierkinder. Der Rest setzt sich aus Tieren zusammen, die nicht mehr genügend Leistung bringen; deren Milchleistung zum Beispiel nachlässt, oder die Legekraft. Oder Mutterschweine, die ausgelaugt sind von den vielen Schwangerschaften und der Aufzucht ihrer Ferkel. Die Tiere, die zum Schlachthof gefahren werden, sind darüber hinaus fast immer krank oder verletzt. Wir essen also genau die Tiere, die besonders auf unsere Fürsorge angewiesen wären. Aber Fürsorge ist im System der Massentierhaltung nicht vorgesehen.

Als Kind war „Der Doktor und das liebe Vieh“ einer meiner Lieblingsserien. Aber den Bauern, der besorgt um das Leben seiner trächtigen Sau, oder dem zu früh geborenen Kalb bangt, gibt es in der Massentierhaltung nicht. In einem Stall mit abertausenden von Tieren verschwindet das Einzelschicksal. Kranke, sterbende und tote Tiere werden entsorgt, sie sind im System mit einkalkuliert und ihr Leben hat keine Bedeutung. 

Spiegel online hat erst kürzlich aufgedeckt, dass jährlich 13,5 Mill Schweine notgetötet werden – das ist jedes Fünfte. Sie werden durch die unhaltbaren Zustände in der Massentierhaltung krank, und eine Behandlung ist für die Bauern nicht profitabel. Die Nottötungen erfolgen häufig nicht sachgerecht, und die Tiere sterben einen völlig unsinnigen und qualvollen Tod.

Massentierhaltung. Den Doktor für das "liebe" Vieh gibt es heute nicht mehr.
Den Doktor für das „liebe“ Vieh gibt es heute nicht mehr.
Foto: Cinetext

Massentierhaltung ist ein Synonym für Tierquälerei, da die zum Verzehr gezüchteten Tiere ohne Rücksicht auf die Befriedigung ihrer grundlegendsten Bedürfnisse unter krankmachenden Bedingungen gehalten und ausgebeutet werden. Massentierhaltung zerstört unsere Umwelt und trägt mehr zum Klimawandel bei als alle Fahrzeuge. Laut WWF stammen 70% der Treibhausgase aus der Nutztierhaltung. Die Nitratbelastung unseres Trinkwassers steigt mit der zunehmenden Güllebelastung.

Zudem trägt der Fleischkonsum in nicht unerheblichem Maß zum Welthunger bei – ein Drittel des gesamten angebauten Getreides wird an sogenannte Nutztiere verfüttert. Zusätzlich werden weltweit mehr als 300 Mio Tonnen Soja angebaut, der größte Teil davon endet als Tierfutter. Für den Anbau des Sojas wird im großen Maßstab Regenwald abgeholzt.

Normalerweise beschränke ich mich darauf, die gesundheitlichen Vorteile einer überwiegend pflanzlichen Ernährung herauszustellen. Aus gesundheitlicher Sicht gesehen wäre es vertretbar, ab und an kleine Mengen Fleisch und Milchprodukte zu essen. Dass ich aus ethischen Gründen komplett auf tierische Lebensmittel verzichte, ist eine persönliche Entscheidung.

Aber ist es ethisch vertretbar, zu wissen wie in Deutschland Fleisch, Wurst, Eier und Milchprodukte produziert werden, und zu schweigen? Ich bin fest davon überzeugt, dass die meisten Menschen bereit wären weniger tierische Produkte zu konsumieren, wenn sie vollständig darüber informiert wären, wie diese „Lebensmittel“ (die für ein Tier den sicheren Tod bedeuten) „hergestellt“ werden.

Der steigende Fleischbedarf hat ethische, ökologische und gesundheitliche Konsequenzen.
Der steigende Fleischbedarf hat ethische, ökologische und gesundheitliche Konsequenzen.

Menschen haben auf allen Kontinenten, in allen Kulturen und zu allen Zeiten Tiere gegessen. Aber nicht in der Menge, wie wir das heute tun – und das obwohl wir genügend Alternativen haben. Und die Tiere, die verzehrt wurden, sind nie unter solchen Bedingungen aufgewachsen wie heute. Das System der Massentierhaltung wurde erst vor wenigen Jahrzehnten entwickelt, Tiere mussten also nicht immer so leiden – aber heute tun sie es. Und genauso leidet die Umwelt.

Niemand beschäftigt sich gern mit dem Thema Massentierhaltung, es ist höchst unangenehm, es bereitet körperliche und seelische Schmerzen sich vorzustellen (oder anzusehen), was die Tiere die wir essen durchmachen, aber es ist notwendig. Wenn wir immer nur wegsehen und das Unaussprechliche unausgesprochen lassen, wird sich unsere Gesellschaft nicht ändern.

Tiere in der Massentierhaltung

Unter den 745 Millionen geschlachteten Tiere sind

  • 58 Mio Schweine
  • 3,5 Mio Rinder
  • 600 Mio Masthühner
  • 31 Mio Suppenhühner (Legehennen)
  • 35 Mio Puten
  • 16 Mio Enten
  • 575.000 Gänse
  • 2 Mio Schafe, Lämmer, Ziegen und Pferde. 

Ich werde in diesem Blogpost nicht auf alle Tiere eingehen, sondern mich auf die Haltung und Schlachtung von Schweinen, Rindern und Hühnern beschränken. Nur wenn man weiß, wie die Tiere die wir essen leben und sterben, kann man eine informierte Entscheidung darüber treffen, ob man Fleisch, Milchprodukte und Eier aus der Massentierhaltung konsumieren möchte oder nicht. Dass wir nicht hinsehen, heißt nicht, dass diese Dinge nicht trotzdem passieren und traurige Realität für 745 Mio Tiere sind.

Den überwiegenden Teil der in diesem Blogpost beschriebenen Fakten und Zahlen habe ich von der Website der Albert-Schweitzer-Stiftung, die sich für die Abschaffung der Massentierhaltung einsetzt und von der Website von Peta, Deutschlands größter Tierrechtsorganisation. Mein Fokus liegt darauf zu beschreiben, wie die Tiere, die wir essen, normalerweise leben, und wie ihr Leben in der Massentierhaltung aussieht.

Hühner

Hühner sind die am meisten ausgebeutete Spezies auf dem Planeten. Weltweit werden jährlich 58 Milliarden Hühner für den Verzehr getötet, in Deutschland sind es über 600 Millionen. Dabei sind Hühner intelligente, neugierige Tiere. Sie bilden Freundschaften und soziale Hierarchien. Auf Gnadenhöfen lebende Hühner suchen oft die Nähe zu Menschen, und werden sehr anhänglich.

In Freiheit leben Hühner in Gruppen bis zu 20 Hennen, einigen Junghähnen und einem Hahn. Hühner verfügen über ein Ich-Bewusstsein, einem guten Gedächtnis und einer Vorstellung von zukünftigen Ereignissen. Normalerweise verbringen sie ihre Tage mit der gemeinsamen Futtersuche. Hühner können in ihrer natürlichen Umgebung 6 -10 Jahre alt werden.

Legehennen

Legehennen führen ein trauriges und beengtes Leben, und sie werden geschlachtet, sobald ihre Legeleistung nachlässt (in der Regel nach einem Jahr). Legehennen sind zum Zeitpunkt des Schlachtens nie gesund, sondern leiden unter den unterschiedlichsten Krankheiten, die durch die unwürdige Haltung, die hohe Legeleistung, und die fehlende Fürsorge hervorgerufen werden.

Mehr als 60% der Legehennen leben in Deutschland in Bodenhaltung. Dabei steht ein Quadratmeter für 9 Hennen zur Verfügung. Nicht selten leben 200.000 Hennen in einer einzigen Halle – der Lärm, der Gestank, und der Ammoniakgehalt in der Luft muss unerträglich sein für diese Tiere, die normalerweise in sehr viel kleineren Gruppen leben. Federpicken und Kannibalismus ist eine der vielen Folgen dieser unnatürlichen Haltungsform.

Massentierhaltung in Deutschland. Legehennen sind bereits nach kurzer Zeit krank und verbraucht.
Vor dem Schlachthaus gerettete Legehennen leiden unter kahlen Stellen und Entzündungen am ganzen Körper. Foto: Rette das Huhn

Um ständig neue Legehennen zur Verfügung zu haben, werden Eier künstlich ausgebrütet. Da die Hühnerrasse, die zum Eierlegen gezüchtet wird, nicht als Masthuhn taugt, werden die männlichen Küken direkt nach dem Schlüpfen vergast oder lebendig geschreddert. Jedes Jahr sterben in Deutschland 45 Mio männliche Eintagsküken auf diese Weise.

Masthühner

Wie sieht das Lebens eines Masthuhns in der Massentierhaltung aus? Masthühner leben in riesigen Hallen in Gruppen bis zu 40.000 Tieren. Ein Masthuhn hat weniger als ein DIN A5 Blatt Platz zur Verfügung. Damit sie sich gegenseitig nicht verletzen, wird der Schnabel der Küken kurz nach dem Schlüpfen ohne Betäubung gekürzt.

Masthühner leben in riesigen Hallen mit bis zu 40.000 Tieren
Masthühner leben in riesigen Hallen mit bis zu 40.000 Tieren. Foto: Jo-Anne McArthur / We Animals

Die Bodeneinstreu in den riesigen Hallen wird nur einmal beim Einzug neuer Küken erneuert. Den Rest der Zeit verbringen die Tiere inmitten ihrer Ausscheidungen. Am Ende der Mast ist der Boden zu 90% mit Exkrementen bedeckt, und der Ammoniakgehalt der Luft steigt ins Unerträgliche. Die Folge davon sind schmerzhafte Fußballenerkrankungen, Augenentzündung, Atemwegserkrankungen, und Hautverätzungen. 

Geschlachtet werden Masthühner – oder besser gesagt Küken – in Deutschland bereits nach 28 bis 42 Tagen. Zu diesem Zeitpunkt sind sie noch Babies, sie piepen noch. Trotzdem sind sie häufig schon zu schwer, um ihr eigenes Gewicht zu tragen.

Da Masthühner auf eine schnelle und unnatürliche Gewichtszunahme gezüchtet wurden, leiden sie unter Knochendeformationen, Beinerkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen, Muskelerkrankungen, und Gelenkentzündungen. 5-7% der Küken sterben bei dieser Form der Aufzucht, diese Rate ist fest mit einkalkuliert. Diese Art der Haltung kostet den Züchter weniger als 80 Cent pro Küken.

Masthühner wurden auf eine schnelle Gewichtszunahme gezüchtet und können oft ihr eigenes Gewicht nicht tragen.
Masthühner wurden auf eine schnelle Gewichtszunahme gezüchtet und können oft ihr eigenes Gewicht nicht tragen. Foto: Jo-Anne McArthur / We Animals

Haben sie ihr „Schlachtgewicht“ erreicht, werden sie von Arbeitern eingefangen und ohne Rücksicht auf Verluste in Käfige gestopft. Dabei erleiden die Hühner häufig zusätzliche Verletzungen. Nach einem mehr oder weniger langen Transport zum Schlachthaus (ohne Wasser und Futter und in den beengten Käfigen), steht ihnen ein letztes Martyrium bevor.

Schlachtung von Hühnern

Hühner werden im Schlachthof kopfüber an den Füßen aufgehängt (dabei brechen Knochen und Flügel) und entweder durch ein elektrisches Wasserbad gezogen oder mit Gas betäubt. Dann werden ihnen maschinell die Halsschlagadern aufgeschlitzt und sie bluten aus. Da hier unter großem Zeitdruck gearbeitet wird, kommt es immer wieder zu Fehlbetäubungen und falsch gesetzten Halsschnitten – die Tiere erleiden völlig unnötig und nicht selten bei vollem Bewusstsein einen qualvollen Tod.

Was würdest du tun, wenn du ein verletztes Küken oder ein federloses, krankes Huhn finden würdest? Wahrscheinlich würdest du es erstmal mit nach Hause nehmen, dich darum kümmern, vielleicht einen Tierarzt aufsuchen, oder es in ein Tierheim bringen. Ein Schlachter wäre sicher nicht dein Ziel. Unser natürlicher Instinkt sagt uns, dass wir uns um ein hilfsbedürftiges Tier kümmern, egal welcher Spezie es angehört.

Hühner auf dem Weg zum Schlachthof.
Hühner auf dem Weg zum Schlachthof. Nach einem kurzen, entbehrungsreichen Leben steht ihnen ein letztes Martyrium bevor. Foto: Jo-Anne McArthur / We Animals

Doch in dem System der Massentierhaltung ist kein Raum für Mitleid. Die Endstation für die noch piepsenden Küken, die nie die Gelegenheit hatten von ihren Müttern unter die Fittiche genommen zu werden, ist immer der Schlachthof. Das Gleiche gilt für Legehennen, die ein entbehrungsreiches und krankmachendes Leben führen, nur damit wir ein Ei für unter 15 Cent das Stück kaufen können.

Schweine 

Schweine sind ausgesprochen intelligente Tiere, sie sind schlauer als Hunde und haben den IQ eines dreijährigen Kindes. Normalerweise leben sie in größeren Gruppen, die aus Müttern und ihrem Nachwuchs bestehen. Das erfahrenste Weibchen ist die Anführerin. Schweine verbringen 70% ihrer Zeit mit Nahrungssuche, sie streifen umher und durchwühlen den Boden nach Essbarem.

Schweine sind reinliche Tiere, die ihre Notdurft fernab ihres Schlaf- und Fressplatzes verrichten. Sie bauen sich Nester und wärmen sich beim Schlafen gegenseitig. Ihren Nachwuchs säugen sie mehre Monate, die Bindung hält bis zu einem Jahr. Auf Gnadenhöfen lebende Schweine bauen enge Bindungen zu ihren Menschen auf.

Schweine können in ihrem natürlichen Umfeld bis zu 20 Jahre alt werden.
Schweine können in ihrem natürlichen Umfeld bis zu 20 Jahre alt werden. Foto: Jo-Anne McArthur / We Animals

Weltweit werden jedes Jahr 1,4 Mrd Schweine getötet, in Deutschland 58 Mio. In unserem Land leben 2 Millionen Muttersauen, die nur dazu da sind um Ferkel zu „produzieren“. Bis zum 4. Tag wird den Ferkeln den Schwanz kupiert. Im Alter von bis zu 8 Tagen werden die Eckzähne abgeschleift. Männliche Ferkel werden innerhalb der ersten Lebenswoche kastriert. All diese Maßnahmen finden ohne Betäubung statt. 

Mastschweine

In der Intensivmast werden Schweine innerhalb eines halben Jahres auf ein Zielgewicht von 110 bis 125 kg gemästet, bevor sie zum Schlachthof abtransportiert werden. Ihr kurzes Leben verbringen sie auf 0,75 bis 1 qm. Sie stehen auf hartem Spaltenboden und atmen den ganzen Tag die Ausdünstungen ihrer Ausscheidungen ein. Die Folge sind Atemwegserkrankungen, schmerzhafte Gelenkerkrankungen, offene und entzündete Hautwunden, Nekrosen, und Schleimbeutelentzündungen.

Die Schweine die wir essen sind wehr- und schutzlose Jungtiere.
Die Schweine die wir essen sind wehr- und schutzlose Jungtiere. Foto: Jo-Anne McArthur / We Animals

Das nicht artgerechte Futter, der Stress durch den Platzmangel und das Fehlen von Beschäftigtungsmöglichkeiten führen nicht selten zu Magengeschwüren und Magenblutungen. Da Schweine unter solchen Bedingungen sehr oft krank werden, bekommen sie vorbeugend Antibiotika. 

Normalerweise können Schweine 20 Jahre alt werden, sie sind erst mit 3 bis 4 Jahren ausgewachsen. Wir schlachten also Schweinekinder, die in der Regel unter schmerzhaften Erkrankungen leiden. Sie bedürften eigentlich unseres besonderen Schutzes. Aber Schutz ist im System der Massenthierhaltung nicht vorgesehen.

Zuchtsauen

Muttersauen werden mehrmals im Jahr künstlich befruchtet. Während der Besamung werden die Sauen 5 Wochen lang in engen Kastenständen untergebracht, in denen sie sich kaum bewegen können. Danach werden sie bis 1 Woche vor der Geburt in Gruppen im Wartestall untergebracht, pro schwangerer Sau stehen dort 2,5 qm zur Verfügung.

Muttersauen haben noch nicht einmal genug Platz, um sich in ihrer Bucht umzudrehen.
Muttersauen haben noch nicht einmal genug Platz, um sich in ihrer Bucht umzudrehen. Foto: Jo-Anne McArthur / We Animals

Kurz vor der Geburt bis 4 Wochen nach der Geburt verbringen sie in Einzelabferkelbuchten mit harten Böden, fixiert  und von den Ferkeln getrennt durch ein Metallgestell. In der Natur würden sie ein weiches Nest aus natürlichen Polstermaterialien bauen und sich intensiv um ihren Nachwuchs kümmern. Nach 4 Wochen werden die Ferkel von ihren Müttern getrennt (normalerweise säugen Muttersauen ihren Nachwuchs 3 bis 4 Monate), und nach einer 5-tägigen Ruhephase werden sie erneut besamt. 

Sogenannte Zuchtsauen leiden aufgrund der nicht artgerechten Haltung häufig unter schmerzhaften Gelenkerkrankungen, Verdauungsstörungen, Harnwegsinfekten, Erkrankungen der Geschlechtsorgane, tiefen Hautgeschwüren, Atemwegserkrankungen, Zitzen- und Klauenverletzungen. Auch Verhaltensstörungen gehören zum Alltag.

Ungefähr die Hälfte der Muttersauen scheiden jedes Jahr krankheitsbedingt aus dem „Produktionszyklus“ aus und werden geschlachtet. Die restlichen Sauen leben maximal 3 Jahre und werden nach dem 6. Wurf durch jüngere und leistungsfähigere Tiere ersetzt. Dankbarkeit ist im System der Massentierhaltung nicht vorgesehen. 

Schlachtung von Schweinen

Die jungen Mastschweine und die ausgelaugten Muttersauen werden auf LKWs verladen, wo sie sie nach einem langen Transport ohne Wasser und Futter mit Gas oder Elektroden betäubt werden, bevor ihnen die Halsschlagader aufgeschlitzt wird und sie mit kochendem Wasser verbrüht werden.

Bei der Elektrobetäubung geht man von einer Fehlbetäubungsrate von 3 bis 12% aus – ein Teil der Tiere erlebt den Halsschnitt und die Ausblutung also bei vollem Bewusstsein. Nach Schätzungen sind selbst bei der Ankunft im Brühbad noch 1% der Schweine bei Bewusstsein.

Ein Schnitzel oder ein Brötchen mit Fleischwurst ist in weniger als ein paar Minuten aufgegessen, in der Regel erinnert man sich schon kurz nach der Mahlzeit nicht mehr daran. Ist es wirklich gerechtfertigt, für diesen gedankenlosen Moment ein Tier so unnötig leiden zu lassen – wenn es doch genug Alternativen zu Fleisch und Wurst gibt?

Rinder

Rind sind sehr soziale Tiere. Sie haben eine Lebenserwartung von 20 Jahren und leben normalerweise in Herden von mindestens 20 Kühen und ihren Jungtieren. Kühe gehen lebenslange Freundschaften ein, und betreiben eine intensive gegenseitige Fellpflege. Sie haben einen großen Bewegungsdrang. In natürlichen Lebensräumen legen sie jeden Tag bis zu 40 Kilometer auf weichen Böden zurück und verbringen bis zu 10 Stunden mit Grasen. Die Bindung zwischen einer Mutterkuh und ihrem Nachwuchs ist stark und hält ein Leben lang.

Milchkühe

In Deutschland leben derzeit etwas über 4 Millionen Milchkühe. Wenn wir an Milchkühe denken, haben wir eine grüne Wiese mit friedlich grasenden Rindern im Kopf. Tatsächlich leben die meisten Milchkühe jedoch ganzjährig im Stall, da dies weniger Arbeit macht.

Um Milch zu produzieren, werden die Kühe jedes Jahr künstlich befruchtet. Die Kälber werden ihnen direkt nach der Geburt entzogen. Normalerweise kümmert sich eine Kuh sehr intensiv um ihr neugeborenes Kalb, und säugt es mehrmals täglich. Die Bindung zwischen Mutter und Kind bleibt bis ins Erwachsenenalter aufrecht. Die Trennung von ihren Kälbern direkt nach der Geburt ist ein sehr großer Stressfaktors, sowohl für die Mutterkuh als auch für das Kalb. Sie rufen häufig tagelang nacheinander.

Massentierhaltung in Deutschland. Die Bindung zwischen Kühen und ihren Kälbern ist sehr stark und hält ein Leben lang.
Die Bindung zwischen Kuh und Kalb ist sehr stark, und die Tiere leiden unter der Trennung. Foto: Jo-Anne McArthur / We Animals

Die Milchleistung lässt nach wenigen Jahren nach, und die Tiere werden dann zum Schlachthof transportiert und gegen jüngere Milchkühe ausgetauscht. Zukünftige Milchkühe werden routinemäßig im Alter von 6 Wochen enthornt, ein Prozess der sehr schmerzhaft ist und ohne Betäubung durchgeführt wird.

Milchkühe leiden häufig unter schmerzhaften Euterentzündungen, Euterverletzungen, Erkrankungen der Klauen, Stoffwechselerkrankungen (wie Leberverfettung), Gelenkerkrankungen, und Hautverletzungen. Milchkühe erhalten deshalb prophylaktisch Antibiotika.

Mastrinder

In der Intensivmast werden Rinder innerhalb von 400 Tagen auf ein Gewicht von 680 bis 750 kg gemästet. Dreiviertel der Mastrinder wird in Laufstallhaltung gehalten, auf rutschigem, hartem Spaltenboden, der häufig zu Verletzungen führt. Für einen ausgewachsenen Bullen sind exakt 2,7 qm Quadratmeter vorgesehen. Weidegang bekommen Mastbullen nicht, die Ausbruchgefahr ist zu hoch.

Mastrinder leben beengt, die Verletzungsgefahr ist dementsprechend hoch.
Mastrinder leben beengt, die Verletzungsgefahr ist dementsprechend hoch. Foto: Jo-Anne McArthur / We Animals

Mastrinder leiden aufgrund der beengten Haltung und der nicht artgerechten Fütterung besonders häufig unter Entzündungen der Klauen, Erkrankungen der Verdauungsorgane, Stoffwechselerkrankungen, Hauterkrankungen, Gelenk- und Klauenverletzungen, entzündeten Schwanzspitzen, Deformation der Gelenke, sowie Atem- und Lungenproblemen.

Mastkälber

Die männlichen Nachkommen der Milchkühe werden als Mastkälber aufgezogen. Sie werden direkt nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und verbringen die ersten 8 Lebenswochen in Einzelhaltung, danach in Gruppen in kleinen Buchten. Wer schon mal Kälber auf einer Weide beobachtet hat, weiß wie groß ihr Bewegungsdrang ist. 

Massentierhaltung in Deutschland. Kälber werden ihren Müttern sofort nach der Geburt entrissen und in Isolation aufgezogen.
Mastkälber werden in Isolation gehalten und können ihren Bewegungsdrang nicht ausleben. Foto: Jo-Anne McArthur / We Animals

In Einzelhaltung gehaltene Mastkälber leiden unter Eisenmangel (der bewusst herbeigeführt wird um das Fleisch hell zu halten), Muskel- und Gelenkerkrankungen, Kreislaufstörungen, Muskelzittern, Durchfall, Atemwegserkrankungen, Nabelerkrankungen, Magengeschwüren und Verhaltensstörungen. Schwache Kälber werden zwangsernährt, wodurch Aspirationspneumonien und eine tödliche Übersäuerung des Pansens entstehen können.

Wenn die Kälber ein Schlachtgewicht von 240 kg erreicht haben (in weniger als 5 Monaten), wird ihr kurzes und leidvolles Leben beendet. In Deutschland werden derzeit über 328.000 Kälber pro Jahr geschlachtet, in der gesamten EU 6 Millionen. 

Da Kälber direkt nach der Geburt isoliert werden, entwickeln sie häufig Verhaltensstörungen, sie sind anfälliger für Krankheiten und die Sterblichkeit ist relativ hoch.

Schlachtung von Rindern

Da Rinder sehr große Tiere sind, ist ihre Schlachtung besonders aufwändig und störanfällig. Zulässig ist die Betäubung mit dem Bolzenschussgerät und eine elektrische Betäubung, anschließend werden die Tiere ausgeblutet. Die Fehlbetäubungsrate liegt laut Naturschutzbund bei 9%, dass heißt fast jedes 10. Tier erlebt seinen Tod bei vollem Bewusstsein.

Es werden auch immer wieder schwangere Kühen geschlachtet, obwohl es laut Gesetzgeber verboten ist. Die ungeborenen Kälber sterben im Mutterleib langsam an Sauerstoffmangel, nach dem Tod ihrer Mutter.

Fazit

Wir essen nicht einfach nur Fleisch, hinter jedem Schnitzel, jeder Scheibe Salami und jeder Hühnerkeule verbirgt sich ein Einzelschicksal. Wir essen Tiere, die in der Regel noch Kinder sind oder aufgrund von Krankheiten oder nachlassender Leistung aussortiert wurden – also Tiere, die eigentlich unseres besonderen Schutzes und unserer Fürsorge bedürften.

Aber in der Massentierhaltung gibt es keinen Raum für Mitleid oder Gnade – es geht nur darum, möglichst viel Fleisch für möglichst wenig Geld zu produzieren, ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Tiere, die nur zum Verzehr geboren werden, und doch leben wollen. 

Sogenannte Nutztiere möchten nicht sterben – genau wie du und ich hängen sie am Leben. Sie möchten nicht in engen, schmutzigen Ställen leben. Sie haben ein Grundbedürfnis nach Bewegung, nach Nahrungssuche, Gesellschaft, und Beschäftigung – all diese Bedürfnisse können sie in der Massentierhaltung nicht ausleben.

Dieses Ferkel hat es sich nicht ausgesucht, zur Welt zu kommen. Trotzdem hat es Grunddürfnisse, die in der Massentierhaltung überhaupt nicht berücksichtigt werden.
Dieses Ferkel hat es sich nicht ausgesucht, zur Welt zu kommen. Trotzdem hat es Grunddürfnisse, die in der Massentierhaltung überhaupt nicht berücksichtigt werden. Foto: Jo-Anne McArthur / We Animals

Wir essen Kühe, Schweine, Schafe, Ziegen, Hühner, Enten und Gänse, weil es Bestandteil unsere Esskultur ist. Das ist der einzige Grund. Hunde und Katzen essen wir nicht, weil sie in unserer Kultur als Haus- und Schosstiere angesehen werden. In Asien ist das anders. Hunde werden z. B. in China und Vietnam regelmäßig gegessen. In einigen Ländern Afrika isst man Affen, in Südamerika Meerschweinchen, in Australien Kängurus. Aber nur weil etwas in unsere Kultur verankert ist, heißt es nicht, dass wir nicht neue Traditionen entwickeln können. 

Ich bin fest davon überzeugt, dass es die Massentierhaltung, so wie wir sie heute kennen, in einigen Jahrzehnten nicht mehr geben wird, weil die Folgen für die Umwelt zu gravierend sind. Die riesigen Ställe werden abgerissen werden, und von den Schlachthäusern werden vielleicht nur ein paar wenige stehen bleiben, als Abschreckung für nachfolgende Generationen. Die Menschen in der Zukunft werden sich entweder von Fleischersatz auf pflanzlicher Basis oder von künstlich hergestelltem Fleisch ernähren.

Jedes Tier hat den Wunsch zu leben und verdient es, mit Respekt behandelt zu werden.
Jedes Tier hat den Wunsch zu leben und verdient es, mit Respekt behandelt zu werden. Foto: Jo-Anne McArthur / We Animals

Für die Menschen in der Zukunft wird es unvorstellbar sein, dass wir Tiere derart grausam behandelt haben. Wir werden unseren Urenkeln erklären müssen, wie wir das zulassen konnten. Zu behaupten wir hätten all das nicht gewusst wird nicht ausreichen, schließlich sind diese Informationen frei im Netz zugänglich, und auf YouTube finden sich genügend Undercover-Dokumentationen. 

Menschen, die aus ethischen Gründen auf den Verzehr von Fleisch verzichten, werden gern als verrückte oder weltfremde Träumer dargestellt; dabei sind es Visionäre, die eine Zukunft ohne Tierleid vorwegnehmen. Eine Zukunft ohne Massentierhaltung wird kommen, aber wie schnell das geht liegt an jedem Einzelnen.

Das System der Massentierhaltung würde es nicht geben, wäre nicht die Nachfrage nach billigem Fleisch.  Dieses kranke System wird zusammenbrechen, wenn der Verbraucher sich weigert, Fleisch von Tieren zu essen, die gequält werden, die krank sind, und viel zu jung aus dem Leben gerissen wurden. 

Jeder von uns kann ein Held sein

Auf Youtube sind Rescue-Videos unheimlich populär. Jeder, der ein Tier vor dem sicheren Tod rettet, wird gefeiert wie ein Held. Egal, ob es sich dabei um ein Huhn, ein Kalb, oder ein Schwein handelt. Dabei kann jeder von uns ein Held sein – in dem er die richtigen Kaufentscheidungen trifft. Wir alle gemeinsam können jedes Jahr 745 Millionen Tiere vor dem sicheren Tod retten – in dem auf Fleisch, Eier und Milchprodukte verzichten und dafür sorgen, dass diese Tiere gar nicht erst geboren werden.

Was kannst Du tun, um Tierleid zu verhindern? Ernähre dich überwiegend pflanzlich. Wenn du kleine Mengen Fleisch, Milchprodukte und Eier in deinen Speiseplan integrieren möchtest, verzichte auf Produkte, die aus der Massentierhaltung kommen.

Unterstütze Organisationen wie peta, die Albert-Schweitzer-Stiftung, und Gnadenhöfe. Informiere dich über das Thema Massentierhaltung und sprich darüber – nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern ganz sachlich. Geh davon aus, dass die meisten Menschen nichts oder zu wenig über Massentierhaltung wissen und andere Kaufentscheidungen treffen würden, wären sie besser informiert.

Wir alle haben die Verpflichtung, unseren Kindern und Enkeln eine bessere Welt zu hinterlassen. Eine tierleidfreie Ernährung ist ein wichtiger Beitrag dazu.

Weitere Informationen zum Thema Massentierhaltung

Jonathan Safran Foer, Tiere essen
Earthling Ed, Land of Hope and Glory
WDR, Vom Glück ein Huhn zu retten
Albert-Schweitzer-Stiftung, Massentierhaltung

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